Neue Stolpersteine für Familie Blaschke - eine Geschichte schließt sich
Zum Antirassismustag in Hennigsdorf ruft das Aktionsbündnis H.A.L.T. zu Aktionen auf
Schulen, Gruppen, Einzelpersonen oder Firmen betreuen in Hennigsdorf die Gedenkorte, die als Stolpersteine verlegt an ehemalige Hennigsdorferinnen und Hennigsdorfer erinnern. Sie wurden von den Nationalsozialisten aus der Stadt vertrieben, getötet und verfolgt. Mit dem Antirassismustag am 21. März 2025 ruft das Aktionsbündnis H.A.L.T., das seit 2009 eine Plattform für alle bietet, die gegen Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz aufstehen, wieder zusammenzukommen und zu gedenken. Dies geschieht auf sehr unterschiedliche Weise.
So konnten in diesen Tagen vier neue Stolpersteine in die Neuendorfstraße 23 gelegt werden. Sie klären auf über das Schicksal der Familie des AEG-Werkdirektors Ernst Blaschke, seiner Töchter und Frau. Als vor genau einem Jahr deren Nachfahre Ronald Colman aus Australien in Hennigsdorf zu Besuch war, konnte er erzählen, wie der weitere Weg der Familie auf der Flucht aus Hennigsdorf verlaufen war. Denn die Blaschkes überlebten in Australien – das Herz aber blieb in Hennigsdorf, so der Enkel. So konnten die Steine mit den neuen Fakten nun überarbeitet werden. Um 10 Uhr finden sich am Freitag auf Einladung des Bürgermeisters Thomas Günther daher Paten und Vertreter verschiedener Parteien und Gruppen vor Ort zum gemeinsamen Erinnern zusammen.
Für die Stolpersteine in der Waldstraße 40, die an den jüdischen Schuhhändler Ludwig Goldmann erinnern, sorgt die katholische Kirchengemeinde „Zu den Heiligen Schutzengeln“. Außerdem lädt sie am Freitag um 18.15 Uhr zu einer kleinen Andacht ein. Das Geschäft wurde in der Pogromnacht zerstört, Hausbesitzer Hans Brockmann trat dem Mob entgegen.
Am Gedenkstein für Heinrich Bartsch, der 1944 von der SS ermordet wurde, wollen die Mitarbeitenden des Bereichs Soziale Arbeit an Grundschulen gemeinsam mit Kindern der Fontane-Grundschule erinnern. Eine sechste Klasse der Sonnengrundschule an den Havelauen hat sich ebenso mit dem Schicksal des Hennigsdorfer Arbeiters beschäftigt, der dem Widerstand angehörte. Der kleine glänzende Stein für ihn liegt in der Marwitzer Straße 48.
Die evangelische Kirchengemeinde pflegt in der Hauptstraße 13 die Steine für Familie Lachmann, deren Goldwaren-Uhren-Geschäft 1938 zerschlagen und ausgeplündert wurde. Sie ist am Vorabend zum Antirassismustag vor Ort. Acht Familienangehörige der Lachmanns starben in Lagern der SS und auf Transporten. Das Schicksal berührt bis heute. Nicht zuletzt wird auch der Hennigsdorferin Clara Schabbel gedacht. Um den Stein für die Widerstandskämpferin, die der Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe angehörte, kümmern sich die Hennigsdorfer Wohnungsbaugesellschaft und die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Heimatgeber. Am Freitag um 16.30 Uhr ist die Nachbarschaft ebenso eingeladen, vor Ort zusammenzukommen.
„Hass ist in unserem Alltag weiterhin verbreitet. Politische Systeme in Europa und auf der Welt erinnern uns täglich daran. Wir wollen aber gerade der nachwachsenden Generation die Geschichte vor Augen führen, damit nie wieder so etwas auf deutschem Boden geschehen kann wie im Nationalsozialismus. Das heißt auch, wachsam zu sein“, ruft Kerstin Gröbe als Hennigsdorfs Gemeinwesenbeauftragte dazu auf, sich zu beteiligen.
Mit einem besonderen Schulprojekt macht die Adolph-Diesterweg-Oberschule in der Schulstraße 9 auf den Titel „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ an diesem Tag auf sich aufmerksam. Gemeinsam mit der Firma Klostermann Baugesellschaft mbH entstand seit Jahresbeginn ein Obelisk aus Beton, der sich den Themen Vielfalt, Respekt und Gleichheit widmet und zugleich der Berufsvorbereitung dient. Diese Schülerarbeit wird um 12.30 Uhr im Beisein von Bürgermeister Thomas Günther auf dem Hof der Schule enthüllt.
Zudem pflegt eine Gruppe der Schule die Stolpersteine für Klara Busse – auch am Freitag ab 8 Uhr. Treff ist die Berliner Straße 18, dort liegt ihr Messingstein neben dem für den Ehemann Wilhelm Busse. Sie starb im KZ Auschwitz, weil sie der von den Nazis verfolgten Gemeinschaft der „Bibelforscher“ angehörte. Als Todesursache der 49-Jährigen wurde vom Arzt „Gehirnschlag“ diagnostiziert. Dr. Hellmuth Vetter machte nachweislich Experimente an Menschen, er war von Mitte 1942 bis Ende 1943 SS-Lagerarzt im KZ Auschwitz. Für seine Verbrechen wurde Helmuth Vetter 1947 von einem amerikanischen Gericht zum Tode verurteilt und 1949 hingerichtet. Der Ehemann von Klara Busse - Wilhelm - saß viele Jahre im KZ Sachsenhausen. Er schwor seinem Glauben und der Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas nie ab.