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Erinnern an den Volksaufstand

Datum: 17.06.2023

Vor 70 Jahren zogen Hennigsdorfer Arbeiter nach Berlin – daran wurde am 17. Juni mit einer Gedenkveranstaltung am Stahlwerk erinnert

Es war eine Wegmarke deutscher Geschichte: Der Protestmarsch tausender Beschäftigter der Hennigsdorfer Werke nach Berlin, der am 17. Juni 1953 mit der Losung „Die Hennigsdorfer kommen!“ angeführt wurde. Diesen Weg konnten die Gäste der zentralen Gedenkveranstaltung am Wochenende in der Stadt hautnah nacherleben.

Das Land Brandenburg hatte mit der Stadt Hennigsdorf am Sonnabend, 17. Juni 2023, zum gemeinsamen Erinnern an den Volksaufstand vor 70 Jahren ins Stahlwerk eingeladen. Dort war auch der Weg der Demonstrierenden von Hennigsdorf über den Wedding bis zum Potsdamer Platz durch einen Parcours von Mediastationen erlebbar, der den lauten Zug der Tausenden, die gegen härtere Arbeitsbedingungen, hohe Normen und für Freiheitsrechte demonstrierten, mit historischen Fotos und Rundfunkaufnahmen nachzeichnete. Die Besuchenden konnten sich so persönlich auf den symbolischen Weg machen, begleitet von Originallosungen und authentisch knackenden RIAS-Aufnahmen, die die aufgeheizte Stimmung an dem Tag widerspiegelten und Geschichte atmen ließen.

„Viele Familien in Hennigsdorf haben einen Bezug zu dem geschichtsträchtigen Tag heute genau vor 70 Jahren, hatten einen Angehörigen oder kannten jemanden, der damals hier von Hennigsdorf mit anderen aufbrach zum Marsch nach Berlin“, sagte Bürgermeister Thomas Günther. „Die Geschichten über den Volksaufstand am 17. Juni 1953 wurden früher hinter vorgehaltener Hand erzählt – seit der Wende offen und laut und von Generation zu Generation weitergegeben.“

Hennigsdorf wurde zum Symbol des Volksaufstandes, der an vielen Orten gleichzeitig stattfand und Massendemonstrationen auslöste. Aus fünf dieser weiteren Orte waren die Bürgermeister in Hennigsdorf als Gäste nun anwesend.

Insgesamt demonstrierten an etwa 700 Orten in der DDR bis zu eine Million Menschen gegen Drangsalierung und für mehr Mitsprache in den Betrieben. Der Aufstand wurde von sowjetischen Truppen blutig niedergeschlagen. 55 Menschen kamen dabei ums Leben, etwa 10.000 wurden verhaftet.

Ministerpräsident Dietmar Woidke betonte die Aktualität des Tages: „Die Erinnerung an die mutigen Frauen und Männer des 17. Juni 1953 und die damaligen Ereignisse wachzuhalten, muss allen aufrechten Demokraten ein Herzensanliegen sein. Bleiben wir aufmerksam, wenn die Demokratie unter Druck gerät.“

Auf der Gedenkveranstaltung auf dem Parkplatz der HES Hennigsdorfer Elektrostahlwerke wurde auch die Berlin-History-App vorgestellt, die in Echtzeit zeigt, wie sich die Protestaktionen damals in Berlin und Ostdeutschland, von Industriezentren bis in die Dörfer, entwickelten und niedergeschlagen wurden.

Angeboten wurden auch wieder Stahlwerksführungen, auf denen sich die neugierigen Gäste nach vorheriger Anmeldung heiße Stahlwerksluft über glühendem Walzstahl um die Nase wehen lassen konnten. Großes Interesse fanden auch die anderen Aktionen, die sich auf unterschiedliche Weise mit dem historisch so wichtigen Datum auseinandergesetzt haben. Der Befehl des sowjetischen Militärkommandanten zur Verhängung des Ausnahmezustandes vom 17. Juni 1953 war im Original zu sehen. Ausgestellt war auch die Bekanntmachung der DDR-Regierung, in dem zur Rückkehr in die Betriebe aufgefordert und die Bestrafung aller an den Protesten Beteiligten angekündigt wurde.

Historiker kamen zu Wort und die Projekt- und soziale Regionalentwicklungs-gesellschaft PuR präsentierte ihre Angebote. Auch die Freiwillige Feuerwehr der Stadt zeigte ihr Können. Die Musikschule Hennigsdorf setzte - mit viel Applaus bedacht - den musikalischen Rahmen. Den Abschluss des Tages bildete ein Konzert der legendären Berliner Bluesrockband „Monokel“.