Studentischer Blick auf Potenziale
Wissensnetzwerk Stadt und Handel entwickelt mit 80 Studierenden spannende Ideen in hochschulübergreifendem Projekt
Knapp 80 Studierende aus sechs Universitäten Deutschlands untersuchten Ende April in Hennigsdorf leerstehende Gebäude und unbebaute Brachen, um Hennigsdorf zum Studienobjekt zu machen. In einer anschließenden Präsentation im Stadtklubhaus durften Stadtplaner, Lehrende der Hochschulen und Universitäten sowie Stadtverordnete mitdiskutieren. Was da in zwei Tagen an freien Ideen und unabhängig von Barrieren wie Eigentum auf Papier und in Präsentationen gebracht wurde, ließ so manchen staunen.
Untersucht wurden durch den Verein Wissensnetzwerk Stadt und Handel die Potenziale sowie Defizite der Stadt. In Diskussionsrunden, Arbeitsgruppen, Workshops und auf Stadtführungen erarbeiteten die hochschulübergreifenden Teams ihre Sichtweisen. Für Hennigsdorfs Wirtschaftsförderer Hagen Skersies waren die Ergebnisse überzeugend: „Schon in den ersten Ideenskizzen zeigte sich eine große Kreativität und Ernsthaftigkeit, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Arbeiten der Studierenden werden für die Hennigsdorfer Stadtgestaltung auf alle Fälle bereichernd sein.“
In einem kleinen Film, der nach seiner Fertigstellung auch auf der Website der Stadt zu sehen sein soll, sowie auf Schautafeln, die am Stand der Stadtplanung während der 650-Jahrfeier am 28. und 29. Juni 2025 zu sehen sind, können sich auch die Hennigsdorferinnen und Hennigsdorfer ein Bild vom Ergebnis des Wettbewerbs machen und mitdiskutieren sowie digital und analog weiter Ideen sammeln. Immerhin entstanden in zehn Arbeitsgruppen Ideen für das Hafenareal, für das Gelände der früheren Schwimmhalle in Nord, das frühere Stahlwerker-Klubhaus oder die Flächen zwischen Havelplatz und Grundschule Nord.
Kultur in die City zu holen, Beteiligungsformen für Kinder oder Jugendliche zu finden und Ideenwerkstätten oder Mitmach-Cafés zu gründen, waren einige der vielfältigen Vorschläge. Ein „urbaner Strand“ oder der „Kulturmotor“ hießen Überschriften für die studentischen Projekte. Besser Wegebeziehungen, attraktivere Flächengestaltung oder neue innerstädtische Verbindungen wurden aufgezeigt. Kontrovers diskutierten auch die Teilnehmenden die Ideen der Teams, äußerten Vertreterinnen und Vertreter der Hochschulen und Universitäten aus dem Blickwinkel der Lehre die guten Ansätze und Herangehensweisen. Eine Gruppe der TU Berlin möchte sich weiter dem Thema Hennigsdorf nähern. Andere nehmen die Anregungen mit in ihre Heimatstädte, zum Beispiel nach Kaiserslautern oder Braunschweig.
Hennigsdorf ist symptomatisch für zahlreiche Innenstädte. Der stationäre Einzelhandel verliert immer mehr an Bedeutung. Gestiegene Mieten verdrängen Familien. Fragen des Klimawandels und der Nachhaltigkeit sowie Inklusion offenbaren Potenziale. Barrierefreiheit und Digitalisierung sind Themen, die neu hinzukommen. Stadtgesellschaft, Politik und Akteure vor Ort müssen sich neuen Ideen öffnen, verbrauchte Gedanken in Schubladen verstauen. Die zukunftsfähige Gestaltung von Innenstädten ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung – nicht nur in Hennigsdorf.
Der Wettbewerb „Jugend und Innenstadt“, der die Studierenden an die Havel führte, war ein Auftakt. Die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland schaut ebenso wie der Handelsverband Deutschland auf die Ergebnisse. Das Preisgericht tagt im September 2025.
Die BTU Cottbus, die HFT Stuttgart, RPTU Kaiserslautern, TU Berlin, TU Braunschweig und die TU Dortmund haben Hennigsdorf im Fokus. Nun kommt es darauf an, die Anregungen aufzunehmen. Nicht alle Vorschläge werden sich umsetzen lassen. Input und neue Visionen schaden aber nie. Wer seinen Teil zur Analyse beitragen möchte, kann sich gern beteiligen.