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Stahlkoloss mit Hennigsdorfer Bürgerbeteiligung

Datum: 24.06.2024
Für den neuen Multifunktionswärmespeicher an der Veltener Straße bieten die Stadtwerke auch eine besondere Idee an

Ein großer Multifunktionswärmespeicher mit 5.100 Kubikmetern Fassungsvermögen entsteht derzeit an der Veltener Straße in Hennigsdorf. Er ist ein entscheidender Baustein in der Wärmeversorgung der Stadt - für die dafür zugrunde liegende Wärmedrehscheibe erhielt die Stadt 2021 den Titel "Klimaaktive Kommune". Wie eine dicke Thermoskanne wird das neue "Gefäß" die Wärme aus dem Hennigsdorfer Elektrostahlwerk (HES) aufnehmen und bei Bedarf wieder in das Fernwärmenetz einspeisen.

„Entscheidend für uns ist, dass wir in der Fernwärme einen regenerativen Anteil von bis zu 80 Prozent erreichen können. Fortschreitende Planungen und der heutige Stand der Technik haben gezeigt, dass uns das auch mit einem deutlich kleiner dimensionierten Speicher als ursprünglich vorgesehen gelingt“, berichtet Prokurist Stefan Dallorso von den Hennigsdorfer Stadtwerken. Auf einem Niveau, das den Vorlauftemperaturen im Hennigsdorfer Fernwärmenetz entspricht: im Sommer 85 Grad Celsius, im Winter bis zu 95 Grad Celsius - hält der Speicher die Temperatur.

Kunden beteiligen sich an der Investition

Mit der Investition in in Höhe von fünf Millionen Euro - bis zu eine Million Euro sollen nun eingeworben werden - geht die 100-prozentige Stadttochter neue Wege. Zu einer Informationsveranstaltung am 19. Juni 2024 kamen zahlreiche Interessierte. Sie wurden von Fachleuten über technische Details des Bauvorhabens - noch fehlen zehn Höhenmeter an dem Stahlkoloss - und über die Crowdinvesting-Möglichkeit samt Bürgerbeteiligung aufgeklärt. Dazu hatten die Stadtwerke auch Experten der DKB-Bank vor Ort im Einsatz.

„Anfangs als Betonspeicher geplant, bauen wir jetzt – gemäß Stand der Technik – einen Stahlspeicher“, so der Stadtwerke-Geschäftsführer Christoph Schneider. Der wird vor Ort zusammengeschweißt und entspricht damit der Technologie des 2019 errichteten Netzpufferspeichers am Heizhaus Zentrum, ist allerdings fünfmal größer, war zu erfahren.

Die Stadtwerke Hennigsdorf bieten in Zusammenarbeit mit der Bürgerbeteiligungsplattform DKB-Crowd1 den Hennigsdorferinnen und Hennigsdorfern aktuell und ab September auch allen Bundesbürgerinnen und -bürgern die Möglichkeit, sich aktiv an der Wärmewende vor Ort zu beteiligen. Über dieses Crowdinvesting-Projekt, so Christoph Schneider, könnten Interessierte sowie Anlegerinnen und Anleger in den Bau des Multifunktionswärmespeichers2 am Heizwerk Nord II investieren. Aktuell locken attraktive Anlagekonditionen, über die auch weiterhin vor allem von Thomas Schäl als kaufmännischem Leiter informiert wird. Summen zwischen 250 bis 25.000 Euro können eingezahlt werden. 

Der Multifunktionswärmespeicher ist ein zentraler Bestandteil der sogenannten Wärmedrehscheibe3 und spielt eine entscheidende Rolle in den Bestrebungen der Stadtwerke, den Anteil erneuerbarer Wärme von derzeit etwa 60 Prozent auf bis zu 80 Prozent zu erhöhen. Die Industrieabwärme aus dem benachbarten Stahl- und Walzwerk sowie weitere regenerative Wärmequellen und moderne Steuerungstechnologien werden genutzt, um eine effiziente und flexible Energieversorgung sicherzustellen. Unterstützt werden diese Untersuchungen und die Investition auch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

25 stattliche Höhenmeter, dazu ein Bauchumfang von fast 18 Metern – am Ortseingang von Hennigsdorf sollte der neue Wärmespeicher der Stadtwerke künftig nicht zu übersehen sein. Rund fünf Millionen Liter heißes Wasser, die dem Hennigsdorfer Fernwärmenetz und damit den Haushalten bei Bedarf zugeführt werden können, fasst das große Bauwerk aus Stahl.

Wichtige Voraussetzungen, um das Potenzial des Speichers auszuschöpfen, haben die Stadtwerke im Vorfeld mit der Abwärmenutzung aus dem Stahlwerk und einer intelligenten Netzkommunikation und -steuerung geschaffen. Die industrielle Abwärme aus dem Stahlwerk wird seit Ende 2019 genutzt. Das im Fernwärmenetz implementierte Steuerungssystem ermöglicht die Kommunikation der verschiedenen Erzeugerstandorte untereinander. 

Nun kann voraussichtlich ab Spätherbst noch bedeutend mehr Abwärme eingelagert und bedarfsgerecht eingesetzt werden. Auch die Wärme anderer Erzeugeranlagen, so des Biomasse-Heizkraftwerks oder aus kleineren Blockheizkraftwerken (BHKW), lassen sich speichern. Ein neues BHKW arbeitet beispielsweise im neuen Stadtbad. Es erzeugt gleichzeitig Strom und Wärme. Der Strom verbleibt ausnahmslos im Bad. Die Wärme wird ins Fernwärmenetz eingespeist, und das BHKW im Stadtbad ist damit ein Erzeuger, wenn auch ein kleiner.

Stadtwerke-Geschäftsführer Christoph Schneider erklärt: „2030 hat unser Biomasse-Heizkraftwerk seine technische Lebensdauer von 20 Jahren erreicht und wird, Stand heute, nicht mehr am Netz sein. Zwei Jahre später trifft das auch auf unser Bioerdgas-BHKW in der Eschenallee zu. Stellt sich also die Frage, wie es dann weitergeht. Fakt ist, wir müssen neu denken und die Frage beantworten, welche Erzeugerstrukturen uns künftig dabei unterstützen, unsere Ziele zu erreichen. Wichtiger Bestandteil dieser Überlegungen ist das Speichern von Wärme, um diese gezielt und bedarfsgerecht verteilen zu können. Hier ist der Multifunktionswärmespeicher gefragt. Er puffert Wärme zwischen, ganz egal über welche Wärmequelle er versorgt wird. Das kann eine Solarthermieanlage der Zukunft sein, eine Geothermieanlage oder ähnliches. Der Speicher gibt uns ein Stück Flexibilität für die Zukunft, er ist das Medium der zukünftigen Wärmeversorgung.“