Inhalt

Aktionen befördern Nachdenken

Aktionen befördern Nachdenken

Am Antirassismustag erinnern Schüler, Glaubensgemeinschaften und Gruppierungen an historische Zusammenhänge

Seit 2005 trägt die Albert-Schweitzer-Oberschule den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Auch das Alexander-S.-Puschkin-Gymnasium Hennigsdorf trat dem Netzwerk 2006 bei, ebenso die Adolph-Diesterweg-Oberschule. Alle Hennigsdorfer Schulen engagieren sich an Projekttagen oder befassen sich inhaltlich mit diesem Thema des gleichberechtigten, verantwortlichen Umgangs miteinander und anderen Menschen. Mit dem Beginn des Ukraine-Russland-Krieges vor gut einem Jahr nahmen Hilfsaktionen für Geflüchtete Fahrt auf. Bis heute hält eine breite Solidaritätswelle an. Der Antirassismustag am 21. März 2023 ist deshalb in vielen Köpfen gegenwärtig und wird auf unterschiedliche Weise begangen.

Auch das Aktionsbündnis Lebendige Teilhabe H.A.L.T., das es seit 2009 in Hennigsdorf gibt, steht für Integration und gegen Rassismus ein. „Wir machen uns stark dafür, dass es in unserer Stadt keinen Platz gibt für Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz“, betont die Hennigsdorfer Gemeinwesenbeauftragte Kerstin Gröbe, die ebenso wie viele Aktive unterschiedlicher Gruppen in dem parteiübergreifenden Bündnis mit aktiv ist.

So fühlen sich zahlreiche Mitstreiterinnen und Mitstreiter wie in den Vorjahren auch für die Stolpersteine verantwortlich, die an die ermordeten und deportierten Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnern. Sie nutzen den Anlass dieses Tages, um in eigener Regie die Steine zu säubern und auf individuelle Weise vor Ort an diese Schicksale zu erinnern. Sie stehen dafür ein, dass innerhalb des Netzwerks H.A.L.T. der Austausch stattfindet, Aktionen besprochen und geplant oder weitere Unterstützer angeworben werden.

Sechs dieser Gedenk- und Erinnerungsorte in Messing gibt es in Hennigsdorf. So erinnern Stolpersteine in der Waldstraße 40 an den Schuhhändler Ludwig Goldmann und damit auch an den Hausbesitzer Hans Brockmann, der diesen Kaufmann nach dem Pogrom von 1939 schützen wollte. Goldmann starb in Minsk. Die Katholische Kirchengemeinde kümmert sich um diesen Stein und lädt am 21. März um 19.30 Uhr zur Andacht ein.

In der Marwitzer Straße 48 fühlen sich die SPD und die Mobile Jugendarbeit der Hennigsdorfer gemeinnützigen Projekt- und sozialen Regionalentwicklungsgesellschaft PuR gGmbH für den Stein verantwortlich, der an den ehemaligen Bewohner und Antifaschisten Heinrich Bartsch erinnert, der 1944 von SS-Leuten ermordet wurde.

Für die jüdische Familie Blaschke, Ernst Blaschke war Direktor der AEG-Fabriken, die nach Spanien emigrierte und deren Spuren sich später verloren, liegen vier Stolpersteine im Weg an der Neuendorfstraße 23. Die Linke, der Seniorenbeirat und Ausländerbeirat der Stadt kümmern sich liebevoll darum und möchten um 16.30 Uhr an die Familie erinnern. 

Klara und Wilhelm Busse, die den Zeugen Jehovas angehörten – eine Glaubensgemeinschaft, die schon 1933 verboten wurde – kamen in Konzentrationslager. Klara Busse starb im KZ Ravensbrück, der Ehemann überlebte den Todesmarsch des KZ Sachsenhausen und wohnte nach 1945 gemeinsam mit Tochter Gerda wieder in Hennigsdorf. An ihr Schicksal erinnert der Stolperstein in der Berliner Straße 18, um den sich Schülerinnen und Schüler der Adolph-Diesterweg-Oberschule kümmern.

Familie Lachmann lebte in der Feldstraße. SS-Männer zerstörten und plünderten ihr Geschäft. Während Else Sara Bela Lachmann aus der Stadt ausgewiesen und später in Auschwitz ermordet wurde, versteckte sich ihr Sohn in Berlin-Reinickendorf. Der Enkel Peter Lachmann übernahm später die Patenschaft über diesen Stein in der Hauptstraße 13, die evangelische Kirchengemeinde pflegt diesen Ort. Acht Familienangehörige der Hennigsdorferin starben in Lagern und auf Transporten.

Clara Schabbel, deren Name noch heute in der Stadt lebendig ist, erhielt vor der Clara-Schabbel-Straße 11 einen Stolperstein. Bis 1942 lebte sie in der Stadt und leistete aktiven Widerstand als Mitglied der Schulze-Boysen/Harnack-Organisation. 1943 wurde sie zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Um ihren Stolperstein kümmern sich die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Heimatgeber und die Hennigsdorfer Wohnungsbaugesellschaft mbH (HWB). Am 21. März um 17 Uhr wollen sie gemeinsam vor Ort an dieses Schicksal erinnern.