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Fahrzeugbau: Von alt bis neu – Bahnen aus Hennigsdorfer Werkhallen

Alstom setzt für die Zukunft auf Traditionen, handwerkliches Können und ingenieurtechnischen Sachverstand / Suche nach Fachkräften läuft auf Hochtouren

Das Hennigsdorfer Werk des französischen Bahnbauers Alstom, der insgesamt dreizehn Standorte in Deutschland betreibt, kann auf eine lange Geschichte verweisen. Die Wurzeln der Industrieentwicklung reichen zurück ins Jahr 1910, als die Abteilung Flugzeugbau in Hennigsdorf, zunächst mit einem Flugplatz in Nieder Neuendorf, etabliert wurde und die AEG später den Lokomotivbau vor Ort konzentrierte. Hennigsdorf war seither – durch die DDR-Zeit, Nachwendezeit bis heute – immer auch die Stadt des Schienenfahrzeugbaus.

Größter Betrieb sucht Aufträge

Die von Alstom in Deutschland gestartete Transformation bringt auch für das Werk in Hennigsdorf Veränderungen mit sich, doch Standortleiterin Isabelle Caron, die hier seit Oktober 2021 die Geschicke führt, hält das Engagement vor Ort für sehr hoch. Die Herausforderungen, die aktuell vor der knapp 2.000 Köpfe zählenden Mannschaft im Werk stünden, seien groß. Für die 700 Ingenieure und 350 Arbeitenden in den Produktionshallen gelte es, neue Wirkungsbereiche zu erschließen, neue Arbeitsstrukturen zu entwickeln und Aufträge zu akquirieren.

Zur Positionierung auf dem Markt und innerhalb des Unternehmensnetzwerks seien klare Prioritäten gesetzt worden. „Unsere Kunden kommen an erster Stelle, und wir bauen Nähe und Vertrauen auf. Wir machen realistische Zusagen, die es uns ermöglichen, pünktlich zu liefern. Wir modernisieren unseren Standort, um die Motivation und Zufriedenheit unserer Beschäftigten zu steigern und sie so an das Unternehmen zu binden“, sagt die Standortleiterin.

Batteriezug wartet auf Einsatzgebiete

Deshalb würden Prozesse untersucht sowie alle Bereiche überprüft und, wenn nötig, optimiert. So soll das Engineering weiter auf 800 Mitarbeitende anwachsen. Hennigsdorf ist unter anderem die Geburtsstätte des voll zugelassenen Batteriezugs BEMU, der zuletzt in Bayern und Baden-Württemberg im regulären Fahrgastbetrieb getestet wurde. Er sei eines von verschiedenen Produkten aus dem Alstom-Portfolio, das auch auf nicht elektrifizierten Strecken einen emissionsfreien Betrieb ermögliche. „Das ist auch für Strecken in der Region Berlin-Brandenburg ein lohnendes Konzept“, sagt Caron. Die Kooperation mit einem Forscherteam der TU Berlin sowie dem Batterie-Labor in Mannheim habe sich da bewährt.

„Die Transformation ist in vollem Gange“, stellt Isabelle Caron klar. Jeder Standort werde mit klarem Profil ausgerichtet, das dauere eben auch seine Zeit. Vor allem die Bereiche Services und Digitalisierung würden in Hennigsdorf angesichts der steigenden Nachfrage gestärkt. So stattet Alstom im Rahmen des Leuchtturmprojekts „Digitaler Knoten Stuttgart“ der „Digitalen Schiene Deutschland“ insgesamt 333 Regional- und S-Bahn-Züge verschiedener Hersteller mit digitaler Signaltechnik aus.

Am Standort Hennigsdorf wird jeweils die Umrüstung des ersten Fahrzeugs jeder Baureihe - das heißt „First in class“ - realisiert. Diese Projektphase habe eine erfolgskritische Bedeutung, denn der hier definierte Ablauf werde die Blaupause für den später unter hohem Zeitdruck durchzuführenden Serienumbau bilden. Für einen Teil dieser Umrüstungsarbeiten komme Hennigsdorf ebenfalls in Betracht. Deshalb würden auch die Ausbildungs-, Weiterbildungs- und Fachangebote weiter priorisiert.

Vielfalt an Berufen im Angebot

Von Mechatronikern bis hin zu Informatikern bildet der Betrieb zahlreiche Fachrichtungen über unterschiedliche Ebenen aus. 36 Auszubildende, 18 duale Studierende und drei Praktikanten sind aktuell in Hennigsdorf beschäftigt. Um noch bessere Leistungen erbringen zu können, bräuchte es verschiedene Denkerinnen und Denker, also mehr Vielfalt in der Belegschaft. Aktuell betrage beispielsweise der Frauenanteil in der Belegschaft rund 21 Prozent. Dieser solle in den kommenden Jahren deutlich gesteigert werden.

Für Peter Schmidt, Entwicklungschef am Standort Hennigsdorf, ist Diversität ein zentraler Erfolgsfaktor: „Als Entwicklungszentrum für den internationalen Markt sind wir auf Vielfalt angewiesen. Wir arbeiten aus Hennigsdorf an Projekten, die auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen. Um dabei erfolgreich zu sein, müssen wir ein gutes Verständnis für das jeweilige Marktumfeld mitbringen. Ein diverses Team kann dabei einen wichtigen Unterschied machen“, so Schmidt. Führungskräfte würden ermutigt, diesen Ansatz bei Neueinstellungen zu berücksichtigen, was in direktem Zusammenhang mit dem Unternehmenscredo stehe: sichere, vielfältige und integrative Arbeitsplätze zu fördern.

Stuttgarter S-Bahnen aus Hennigsdorf

Die Spezialität von Hennigsdorf, nämlich Regionalzüge zu bauen, werde beibehalten und ausgebaut. Dazu gehört der „Zefiro Express“ X80 für Schweden, der sich hier momentan in der Fertigung befindet. Darüber hinaus sorgen die neue U-Bahn für Stockholm und das ebenfalls für den schwedischen Markt entwickelte, neu gestartete Hochgeschwindigkeitsprojekt SJ250 für Auslastung, ebenso wie S-Bahn-Fahrzeuge für Stuttgart. „Hier entwickeln, fertigen und warten wir Fahrzeuge und Komponenten für den deutschen Markt und Kunden auf der ganzen Welt. Daran soll sich auch nichts ändern. Wichtig ist, dass wir unsere Kunden pünktlich und in der erwarteten Qualität beliefern. Wenn wir das sicherstellen, werden wir mehr Aufträge an unseren Standort holen“, betont Isabelle Caron.

Gerade für das weite Feld der Service-Leistungen werde viel Fläche benötigt. Die habe der Standort Hennigsdorf mit einer Fläche von insgesamt 650.000 Quadratmetern zu bieten. Das Austauschen von Teilen und Komponenten, das Warten oder auch die Digitalisierung könnten gut erfolgen. Kunden wie die Deutsche Bahn würden in Zukunft weiter investieren und vorhandenes Material modernisieren. Das sei für Hennigsdorf bedeutsam. „Wir sind ein zuverlässiger Partner für nachhaltige Mobilitätslösungen, ein Entwicklungsstandort für Schienenfahrzeuge und ein Ingenieurs-Exzellenzzentrum innerhalb der Alstom-Gruppe“, betont die gebürtige Kanadierin.

Die Nachrüstung, Modernisierung und Optimierung der Zugflotten in Deutschland und europaweit komme ohne die Hennigsdorfer Kompetenzen nicht aus. Allerdings müsse alles wie geschmiert laufen, und so sehr der Platz von Vorteil sei, so sehr sei die Art der Nutzung der Schlüssel zum Erfolg. Aus diesem Grund werde untersucht, welche Bereiche verdichtet werden sollten und in welchen Bereichen Investitionen oder auch Modernisierungen notwendig seien.
Der Druck in Sachen Qualität auf Menschen und Produkte wachse immer mehr. Es sei daher ein enormer Vorteil, die Teams für den gesamten Produktlebenszyklus am Standort zu haben. So könne man den Kunden eine One-Stop-Shop-Lösung anbieten, die von der Entwicklung eines neuen Produkts über die Aufrüstung eines in Betrieb befindlichen Produkts bis hin zur vorbeugenden Wartung alles an einem Standort umfasst. Neu sei, dass im Laufe der Produktion nicht mehr die Züge von Halle zu Halle verschoben werden, sondern die Teams wandern. Für Isabelle Caron ein wichtiger Baustein hin zu mehr Flexibilität und Intensität der Arbeit bei Alstom in Hennigsdorf: „Jede Minute, die ein Zug in einer Halle steht, kostet viel Geld. Wir müssen also dafür sorgen, dass jede Minute zählt.“

Testgleise als Standortplus

Ein großes Plus sei noch immer die gut vier Kilometer lange Testgleisanlage, die das Hennigsdorfer Werk in Richtung Velten besitzt. Auch im Bereich Fahrzeugprüfung und Inbetriebsetzung ist noch gut zu tun. Hier werden Bahnen und Züge beispielsweise mit dem europäischen Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System) ausgestattet. Die Fahrzeuge müssen unter Hochspannung getestet werden. Marcel Schmid, der die Inbetriebsetzung in Hennigsdorf leitet, verweist auf Züge für Bayern, die S-Bahnen für Stuttgart sowie für den Öresundverkehr, die gerade hinter dem Absperrgitter stehen und auf ihre Abnahme warten. Um künftig von Hennigsdorf aus sicher und modern in die Welt zu fahren.

Zahlen und Fakten

  • Alstom Hennigsdorf beschäftigt aktuell 2.000 Menschen
  • In 70 Ländern weltweit arbeiten mehr als 74.000 Beschäftigte bei Alstom
  • 150.000 Fahrzeuge aus dem Hause Alstom sind weltweit im Einsatz
  • Für eine Duale Ausbildung, die dreieinhalb Jahre dauert, können sich aktuell noch künftige ElektronikerInnen für Betriebstechnik und MechatronikerInnen melden
  • Im Dualen Studium lassen sich aktuelle folgende Abschlüsse bei Alstom in Hennigsdorf erwerben: Bachelor of Arts – BWL / Business Administration, Bachelor of Engineering - Konstruktion und Fertigung, Fachrichtung Maschinenbau, Bachelor of Engineering - Industrielle Elektrotechnik, Bachelor of Science – Informatik und Bachelor of Science – Wirtschaftsinformatik
  • Interessierte BewerberInnen senden ihre Bewerbungsunterlagen (Anschreiben, Lebenslauf, aktuelle Zeugnisse und Beurteilungen) digital an die E-Mail-Adresse: talente.he@alstomgroup.com
  • Alles Wissenswerte findet sich unter www.alstom.com/de