Einer der letzten Zeitzeugen des Mauerbaus
Ausstellung im Grenzturm Nieder Neuendorf ab 6. April zu besichtigen
Gerade wird noch gemalert und alles für die Saison 2025 bereitgemacht. Immerhin schauen sich jährlich 12.000 Besucherinnen und Besucher den Grenzturm in Nieder Neuendorf und seine umfangreiche Ausstellung zu Mauerbau und Grenzsicherung an. Start ist am Sonntag, 6. April 2025.
Die Exponate der Schau – alles wurde 2017 komplett überarbeitet – sind vor allem für alle, die Grenzanlagen dieser Art nicht mehr aus eigenem Erleben kennen, besonders spannend. Für alle anderen, die das Erschütternde und Schreckliche des Ortes noch erfahren haben, bleibt es Teil ihrer Geschichte. Immerhin ist der Grenzturm in Nieder Neuendorf einer der letzten erhaltenen Zeitzeugen dieser Art an der ehemaligen Trennlinie der beiden großen Gesellschaftssysteme ab 1961 bis zur friedlichen Revolution 1989.
Heute liegt der Grenzturm idyllisch an der Havel. Die Staatsgrenze der DDR zu Westberlin ist aus dem Bewusstsein und der Lebensrealität verschwunden. Das Grenzregiment 38 „Clara Zetkin“, das einst in Nieder Neuendorf und Neubrück residierte, ist einem großen Wohn- und Naherholungsgebiet gewichen. Bis zum Freitag, 3. Oktober 2025, lässt sich das nachempfinden und die Ausstellung im Grenzturm besichtigen.
Zu sehen ist unter anderem eine Ruf- und Sprechsäule RSS17, die im Grenzstreifen installiert war und der Kommunikation zwischen Posten und Führungsstelle diente. Sie war im Einsatz, bis vor 36 Jahren die Mauer fiel. Eines der jüngsten Exponate ist ein Comic der Hennigsdorferin Annika Skala, die als Jugendliche mit der Stiftung Gedenkstätte Sachsen-Anhalt/Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn den animierten Comic mit dem Namen „(K)ein Wiedersehen“ erarbeitet hat.
Die vertonten, bewegten Zeichnungen erzählen die Geschichte eines Fluchtversuchs zweier Jungen über die Havel in Nieder Neuendorf. In einer Videostele am Grenzturm lässt sich dieser Film ansehen – vor allem Kindern und Jugendlichen bringt er die Teilung Deutschlands und die Auswirkungen auf die Menschen beidseits des Stacheldrahtes näher.
Längst sind die Grenzanlagen abgebaut, gehören Mauerbrocken zu Erinnerungsstücken für Touristen. Nur wenige Menschen in Nieder Neuendorf können sich an das Leben in der Enklave mit Passierscheinen und Beschränkungen in der Bewegungsfreiheit erinnern. 32 Führungsstellen gab es rund um Westberlin, eine davon in Hennigsdorf. 302 Wachtürme standen an der Berliner Mauer. Heute sind es noch 18 in ganz Deutschland, die erhalten blieben.
Wie dramatisch diese Zeit der Grenzziehung war, wie sehr das Leben der Menschen in beiden deutschen Systemen davon betroffen war, wie viele Menschen im Ringen um ihre Freiheit starben, darf nicht vergessen werden. So erinnern zwei Gedenkstelen am Radfernweg – eine für den gerade 20-jährigen Peter Kreitlow und eine für den damals 24-jährigen Franziszek Piesik – an Tragödien entlang dieser unmenschlichen Mauer, versehen mit Stacheldraht und in zahlreichen Gegenden auch Selbstschussanlagen.
Exponate, Schautafeln und QR-Codes mit Erläuterungen führen Touristen aus aller Welt durch die Exposition. Über vier Etagen verteilt sich die Schau im Grenzturm Nieder Neuendorf. Der Eintritt ist frei. Immer dienstags bis sonntags kann die Schau mit vielen historischen Fotos und spannenden Ausstellungsstücken von 10 bis 18 Uhr besichtigt werden. Führungen sind nach Voranmeldung beim Stadtarchiv Hennigsdorf unter 03302 877311 jederzeit möglich.