Experten erzählen Industriegeschichte
Modelle, Schautafeln, Erlebnisberichte – neue Ausstellung zum Stahl- und Walzwerk öffnet
Fast 700 Jahre dämmerte Hennigsdorf in dörflicher Idylle am Flusslauf der Havel dahin, ehe vor mehr als hundert Jahren die landwirtschaftliche geprägte Siedlung durch die Industrialisierung aus dem Dornröschenschlaf geweckt wurde. Die Geschichte der Stadt kann nicht losgelöst betrachtet werden von der industriellen Entwicklung, betont Klaus Höckel vom Stahlwerker-Traditionsverein.
Deshalb soll eine neue Ausstellungsreihe im Bürgerhaus „Alte Feuerwache“ an der Hauptstraße die Hennigsdorfer Industriegeschichte in den Fokus nehmen. Den Anfang macht ein Hennigsdorfer Schwergewicht: das Stahl- und Walzwerk – zunächst als ein Ableger der AEG für die Rüstungsproduktion im Ersten Weltkrieg gegründet. Die Vernissage für die Ausstellung wird am Mittwoch, 4. September, um 17 Uhr im Bürgerhaus gefeiert.
Wie Höckel weiter berichtet, blieb das Werk durch die Jahrzehnte ein prägender Bestandteil für die Stadt. Die Ausstellung zeige daher auf anschauliche Art und Weise die Geschichte des Werkes. Besonders herausragende Ereignisse im Leben des Werkes sowie Produkte oder Technologien werden beispielhaft vorgestellt und begreifbar gemacht. Stähle in verschiedenen Abmessungen und Dicken sind zu sehen.
In der Stahlformgießerei entstanden auch zahlreiche Modelle, die nun teils zur Schau gehören. Die bereits abgerissenen Walzenstraßen, in denen Formstahl als Vormaterial für Blankstahl, Baustahl oder Spannstahl entstand, sind im Modell zu besichtigen. So ist ein Messingmodell der 300-er-Straße zu sehen.
Der Grauguss und das Schmelzen in einer Druckkammer sind erläutert. Doch auch DDR-Campingwohnwagen entstanden industriell gefertigt im Betrieb – das wissen viele Hennigsdorferinnen und Hennigsdorfer nicht mehr. An Spannung fehlt es ebenso nicht: So hatte die CIA ein Auge auf das Eisenforschungsinstitut (EFI) in Hennigsdorf geworfen. Auch dazu gibt es einiges zu erfahren.
Erarbeitet wurde die Ausstellung von echten Experten – den Mitgliedern des Stahlwerker Traditionsvereines, die die über hundertjährige Geschichte des Werkes für die Besucherinnen und Besucher aufbereitet haben. Klaus Höckel selbst als Vorsitzender des Vereins war Technologe, Chef des Elektrostahlwerks 2. Als stellvertretender Produktionsdirektor und ab 1990 Hauptabteilungsleiter Controlling/Finanzen in der Hennigsdorfer Stahl GmbH kennt er den Betrieb aus der Westentasche.
Begleitend hat der Verein mit dem Hennigsdorfer Stadtarchiv eine eigene Broschüre erarbeitet, die während der Schau zu bekommen ist. Und auch später bleibt die Ausstellung so gut nachlesbar und anschaulich zum Durchblättern erhalten. Die Broschüre ist vor Ort erhältlich.
Für die Exposition wurden unzählige Fotos gesichtet, zahlreiche Texte verfasst, Diagramme gestaltet sowie passende Exponate gefunden. Die Ausstellung will beispielhaft an bemerkenswerte Produkte oder Technologien, die mit dem Stahlwerk in Hennigsdorf und überregional auch mit der Stadt Hennigsdorf in Verbindung stehen, erinnern und sie noch einmal ins Rampenlicht rücken. Dies soll auch deshalb geschehen, um bei nachfolgenden Generationen und allen Neu-Hennigsdorfern das Bewusstsein um die Industriegeschichte der Stadt zu schärfen.
Ziel der Ausstellungsmacher war es, Erstaunen hervorzurufen. Und zu erinnern an den stolzen Namen „Hennigsdorfer Stahl“. Wer sich vielleicht nicht erinnern kann, erhält eine kleine Auffrischung. Bis heute kooperieren die Ehemaligen mit den Stahlwerkern der Neuzeit – für das Hennigsdorfer Elektrostahlwerk bleibt die Geschichte so lebendig erhalten.
Die Ausstellung ist bis zum Donnerstag, 10. Oktober, zu sehen. Geöffnet ist immer dienstags von 14 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 16 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr.