Ein Ehrenplatz im Wohnzimmerschrank
Der Hennigsdorfer Stadtpreisträger Harald Politz kann sich ein Leben ohne Engagement nicht vorstellen
Sich in einem Leben gleich zweimal in Goldene Bücher eintragen zu dürfen, das hat tatsächlich Seltenheitswert. Harald Politz ist es aber gelungen.
Denn sich zu engagieren, aktiv zu sein, Freude daran zu haben, etwas zu organisieren, was dann auch reibungslos klappt, das ist seine Passion seit frühester Jungend. So hat er schon im Studium an der Bergakademie in Freiberg Studienjahrespartys organisiert, Arbeitseinsätze angeschoben und im Nationalen Aufbauwerk gewirkt. Das waren wilde Jahre, erinnert sich der gebürtige Köthener, der sein Abitur in Hennigsdorf ablegte. Vom Praktikumsgeld konnte er sich ein Motorrad zulegen, da war er mobiler.
Eine Freiberger Lehrerin konnte das Engagement der Studenten von einst noch belegen, auch Zeitungen hatten berichtet, und die Bergbau-Stadt dazu animieren, zum 50. Jahrestag des Diploms der ehemaligen Metallformung-Studenten würdig daran zu erinnern. „Dass wir uns dann in Freiberg in das dicke Silberne Buch der Stadt – Freiberg ist schon über 800 Jahre lang die Stadt des Silberabbaus – eintragen durften, war eine große Überraschung“, erinnert sich Politz. Auch Ehefrau Jutta war dabei und mächtig stolz auf ihren Mann.
Und sie hielt dicht. „Ich habe es gewusst, aber nichts gesagt“, erzählt sie spitzbübisch von 2024. Da nämlich fiel die Entscheidung der Jury zum Stadtpreis Hennigsdorf auf Harald Politz, der 20 Jahre dem Seniorenbeirat der Stadt vorgestanden hatte. Der heute 85-Jährige ging zum Sommerempfang des Bürgermeisters, nichts ahnend, und war völlig platt, als ihm für sein Lebenswerk und jahrelanges Engagement diese besondere Auszeichnung zu Teil wurde. „Ich war geschockt und habe überhaupt nicht damit gerechnet“, erinnert sich der Senior noch lebendig. „Deshalb gucke ich so komisch auf den Fotos“, lacht er. Und seine Frau, der die Überraschung ebenso wie Einreicher Udo Hoffmann gelang, ist glücklich darüber.
Das Preisgeld von 2.500 Euro konnte das Paar, das auch gerade Diamantene Hochzeit nach 60 Ehejahren feierte, noch nicht ausgeben. Seit November gab es gesundheitliche Probleme, die das Reisen verhinderten. Abhalten konnten die Einschnitte Harald Politz aber nicht. „Wir bereiten die Neuberufung des Seniorenbeirates des Landkreises Oberhavel durch den Kreistag vor“, berichtet der frühere Bereichsleiter des Feineisenwalzwerkes Hennigsdorf und Chef von mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Mit einigen anderen Aktiven, unter anderem aus Hohen Neuendorf, sei alles auf den Weg gebracht. Ein Netzwerk, das den Seniorenbeiräten kreisweit helfend zur Verfügung stehen kann und als Gegengewicht zu manchen Projekten gelten soll, hat Politz noch kräftig mit angeschoben. Auch ein Statut ist schon geschrieben. Es ähnelt dem Hennigsdorfer, erzählt der Senior. Er lässt die Fältchen um seine Augenwinkel fröhlich tanzen: „Wir haben also nicht alles falsch gemacht hier.“
„Ein Mann, ein Wort“ – so ist seine Lebensmaxime. So war es früher als Student und ist es noch heute. Dafür durfte sich Politz im Vorjahr auch ins Goldene Buch der Stadt Hennigsdorf eintragen. „Ich war so aufgeregt“, gibt er unumwunden zu. „Weiß gar nicht mehr, was da so alles stand.“ Noch ist er im Seniorenbeirat der Stadt als Stellvertreter aktiv. Beim Stahlwerker-Traditionsverein, den er 1999 mitgründete, gehört der 85-Jährige dem Vorstand an.
Seine Frau Jutta ist bei den Ver.di-Senioren aktiv, jahrelang war sie ebenso dabei beim Hennigsdorfer Seniorenbeirat. Das Paar, das seit 20 Jahren in einer altersgerechten Wohnung im Cohnschen Viertel lebt, möchte nun etwas kürzertreten. „Aber ganz ohne Ehrenamt geht es nicht“, sind sich beide einig. Die Kooperation mit dem Rathaus sei immer gut gewesen, die Unterstützung für das Ehrenamt in Hennigsdorf sehr groß. „Da muss man auch was leisten“, stellt Harald Politz klar.
Das Paar ist schon gespannt, wer in diesem Jahr den Stadtpreis 2025 erhält. „Sich für andere zu engagieren, auch stark zu machen, das gibt Freude und Befriedigung“, sagt Harald Politz. Ob im Sport, in sozialen Gruppen, in der Nachbarschaft oder im Naturschutz. Seine Passion ist der Stahl, sind die Menschen in der Stadt, die damit gearbeitet haben, damit leben. Er kann sich nichts Anderes vorstellen. Der Stadtpreis der Stadt Hennigsdorf hat in der Schrankwand im Wohnzimmer seinen Ehrenplatz gefunden.
Aktuell liegen 24 Einreichungen für den Stadtpreis 2025 vor. Bis zum 30. April konnten sich Einzelpersonen, Gruppen oder Vereine bewerben oder per Mail oder Brief vorgeschlagen werden. Ob Lebensleistungen zu ehren sind, ob es den Bürgerwillen umzusetzen gilt, ob in Schule oder Verein, im Naturschutz oder gesellschaftlichen Leben überhaupt etwas klemmt und zugepackt werden muss – Gemeinwesenbeauftragte Kerstin Gröbe wartet auf Post. Der oder die Stadtpreisträger/-in 2025 wird von einer Jury bestimmt. Alles Wissenswerte findet sich unter www.hennigsdorf.de/stadtpreis. Die Übergabe des Stadtpreises 2025 erfolgt am Freitag, 27. Juni, im Rahmen der Feierlichkeiten zum 650. Stadtgeburtstag – natürlich mit Preisgeld und Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Hennigsdorf.