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Neues Blaues Wunder am Havelkanal geht langsam voran

Neues Blaues Wunder am Havelkanal geht langsam voran

Nach Munitionssuche und Fällarbeiten beginnt bald die Errichtung der Behelfsumfahrung und neuen Widerlager der Stahlbrücke

Wer tagtäglich die Brücke über die Ruppiner Straße nutzt, stellt beinahe täglich Neues fest. Wochenlang waren Taucher an 380 Verdachtspunkten im Einsatz, um Schrott und Eisenteile sowie Munitionsreste aus dem Havelwasser zu fischen. Dann rückten die Arbeitenden mit Säge und Schredder an. Den ganzen Februar über wurden die Uferbereiche und angrenzenden Auen, die für den Aufbau der Behelfsbrücke und späteren neuen Brücke nötig sind, von Gestrüpp und Bewuchs befreit. Sogar ein Schwimmbagger war im Einsatz, um von der Wasserseite aus einzugreifen.

Entlang der Ruppiner Straße zieht sich nun ein Kahlschlag durch die Natur. Der ist aber nötig, so Tonio Mohn vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Eberswaldee (WSA) als bauverantwortlicher Projektleiter, um weiterzubauen. Nur bis Ende Februar dürfen derartige Arbeiten durchgeführt werden.

Auch am Ruderclub Oberhavel ist alles vorbereitet, um Teile einer Trainingshalle abzureißen. In einer Vereinbarung haben Stadt und WSA vorab aber den Ausgleich geregelt. Der Verein erhält neue Trainingsmöglichkeiten nach Abschluss der Bauarbeiten zurück.

Der Bau der Ersatzbrücke erfolgt in einem sensiblen Bereich. Nachdem der tonnenschwere Stahlkoloss gut sichtbar bereits auf dem Festplatz vormontiert wurde und seiner endgültigen Bestimmung harrt, konnte im Februar 2024 die letzte große Ausschreibung beginnen. Sie beinhaltet den Bau der Behelfsumfahrungen, einschließlich der Widerlager und alle Verschübe des Überbaus, der künftig die Havel an dieser Stelle überspannt. Ist die alte marode Brücke dann abgerissen – sieht das WSA eine Sprengung vor -, wird der Überbau aus der Behelfsumfahrung in die alte, neue Trasse auf den Neubau der Widerlager verschoben. Die nebenstehenden Lagepläne veranschaulichen das ganze Verfahren.

Verzögerungen sind laut Tonio Mohn immer wieder aufgetreten. Erst Corona, verspätete Ausschreibungen, Finanzierungssorgen, Materialkostensteigerungen. Von erhöhtem Krankenstand ist zum Jahresbeginn 2024 die Rede, aber auch von der Haushaltssperre des Bundes. Frühestens zum Sommer hin kann die Vergabe der zuletzt ausgeschriebenen Leistungen voraussichtlich erfolgen. Damit verschiebt sich das Großvorhaben weiter. Von Anfang 2026 ist nun die Rede für die Fertigstellung der Havelbrücke.

Insgesamt 240 Brücken werden vom WSA unterhalten, 120 gehören der Bundesbehörde im Bereich Eberswalde. Insgesamt 667 Kilometer an Wasserstraßen und Kanälen gehören in den Bereich, ebenso 39 Schleusen und zwei Schiffshebewerke in Niederfinow. Die ersten Brücken in Hennigsdorf wurden 1506 errichtet. Die heutige Spannbetonbrücke Ruppiner Straße entstand 1961 bis 62. Der Neubau war ein sogenanntes Versuchsbauwerk der DDR – besonders einfach herzustellen. Sie weist eine Gesamtlänge von 63,5 Metern auf und eine Durchfahrtshöhe von 4,62 Metern.

Seit 2010 führt das WSA Sonderprüfungen durch, weil der Zustand des Bauwerks nicht mehr als ausreichend gilt. 2011 wurden Lamellen eingeklebt, um fehlende lose Bügel-Bewehrungen zu ersetzen. Bereits 2015 wurden Planungen für den Ersatzneubau beauftragt mit einer Durchfahrtshöhe von 5,25 Metern. Der Baubereich befindet sich in einer überaus sensiblen Trinkwasserschutzzone.

Nun entsteht sozusagen ein neues Blaues Wunder, ein sogenannter Vierendeelträger. Gegenüber einer Stabbogenbrücke oder einer Bogenbrücke mit Netzwerkhängern zeichnet sich dieser Brückentyp durch seine gedungene Bauweise aus. Der jetzt auf dem Festplatz stehende Stahlüberbau dient zunächst als Behelfsbrücke und künftig auch als Bestandsbauwerk. Er bleibt in Hennigsdorf.

Der Querverschub des Überbaus mit einem Gewicht von 2000 Tonnen erfolgt nach den Planungen des WSA unter einwöchiger Vollsperrung des Kfz-Verkehrs. Genau ist das noch nicht terminiert. Fußgänger können nur während des eigentlichen Verschubes der Brücke nicht passieren. Der Rückbau der Behelfsumfahrung erfolgt erst nach Verkehrsfreigabe.

Aktuell werden Gesamtkosten in Höhe von 16 Millionen Euro für das Vorhaben angegeben.