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Nächste Etappe für Blaues Wunder 

Auftrag für Brücken-Ersatzneubau am Havelkanal vergeben / Bauarbeiten rücken näher 

Wer tagtäglich die Ruppiner Straße über die Havel nutzt, wird mit einem Blick wohl immer die auf dem Festplatz lagernde neue Brücke streifen. Der 600 Tonnen schwere Stahlkoloss wartet dort seit einiger Zeit auf seinen Einsatz. Mit der Baustellenruhe wird es aber in nächster Zeit vorbei sein, denn der Auftrag für den Ersatzneubau der Straßenbrücke ist nun vergeben worden, wie das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oder-Havel mitteilt.

Voraussichtlich ab Ende August 2024 sollen die ersten Arbeiten auf dem Baufeld starten. So werden die Stubben gerodet und der Grünwuchs entfernt. Im Anschluss an diese Arbeiten wird diese Fläche eine Woche "in Ruhe" gelassen, damit die Tiere, vorrangig Amphibien, das Gebiet verlassen können. Nach dieser Woche werden ein Amphibienschutzzaun und zudem Fangeimer aufgestellt. Nachzügler können so gegebenfalls von der Baustelle in sichere Gefilde umgesetzt werden. 

Der Baubevollmächtigter des WSA Oder-Havel Tonio Mohn zu den kommenden Schritten: „Zunächst werden Gebäude auf dem Gelände des Ruderclubs und der Fläche südöstlich der vorhandenen Straßenbrücke abgerissen und die Zufahrten zur Behelfsumfahrung hergestellt. Hierfür werden Fangedämme aus Spundbohlen mit entsprechenden Stützkonstruktionen geschaffen, die dann mit Erdreich aufgefüllt werden. Auf der Südseite ist ein kombinierter Rad-Gehweg vorgesehen, auf der Nordseite ein reiner Radweg.“

Am Ruderclub Oberhavel ist dazu alles vorbereitet, Teile einer Trainingshalle müssen im September weichen. In einer Vereinbarung haben Stadt und WSA vorab aber den Ausgleich geregelt. Der Verein erhält neue Trainingsmöglichkeiten nach Abschluss der Bauarbeiten zurück.

Die Bauplaner haben Großes vor. Wie in einem riesigen Tetris-Spiel soll der gigantische Stahlneubau vom Festplatz zu seiner vorübergehenden Position neben der jetzigen Brücke verschoben werden. Der Verkehr wird dann dort über die Havel verlaufen. Ist die alte marode Brücke dann abgerissen – sieht das WSA eine Sprengung vor -, wird der Überbau aus der Behelfsumfahrung in die alte, neue Trasse auf den Neubau der Widerlager verschoben. Die nebenstehenden Lagepläne veranschaulichen das ganze Verfahren.

Verzögerungen sind laut Tonio Mohn immer wieder aufgetreten. Erst Corona, verspätete Ausschreibungen, Finanzierungssorgen, Materialkostensteigerungen. Von erhöhtem Krankenstand ist zum Jahresbeginn 2024 die Rede, aber auch von der Haushaltssperre des Bundes. 

Insgesamt 240 Brücken werden vom WSA unterhalten, 120 gehören der Bundesbehörde im Bereich Eberswalde. Insgesamt 667 Kilometer an Wasserstraßen und Kanälen gehören in den Bereich, ebenso 39 Schleusen und zwei Schiffshebewerke in Niederfinow. Die ersten Brücken in Hennigsdorf wurden 1506 errichtet. Die heutige Spannbetonbrücke Ruppiner Straße entstand 1961 bis 62. Der Neubau war ein sogenanntes Versuchsbauwerk der DDR – besonders einfach herzustellen. Sie weist eine Gesamtlänge von 63,5 Metern auf und eine Durchfahrtshöhe von 4,62 Metern.

Seit 2010 führt das WSA Sonderprüfungen durch, weil der Zustand des Bauwerks nicht mehr als ausreichend gilt. 2011 wurden Lamellen eingeklebt, um fehlende lose Bügel-Bewehrungen zu ersetzen. Bereits 2015 wurden Planungen für den Ersatzneubau beauftragt mit einer Durchfahrtshöhe von 5,25 Metern. Der Baubereich befindet sich in einer überaus sensiblen Trinkwasserschutzzone.

Nun entsteht sozusagen ein neues Blaues Wunder, ein sogenannter Vierendeelträger. Gegenüber einer Stabbogenbrücke oder einer Bogenbrücke mit Netzwerkhängern zeichnet sich dieser Brückentyp durch seine gedrungene Bauweise aus. Der jetzt auf dem Festplatz stehende Stahlüberbau dient zunächst als Behelfsbrücke und künftig auch als Bestandsbauwerk. Er bleibt in Hennigsdorf.

Der Querverschub des Überbaus mit einem Gewicht von 2000 Tonnen erfolgt nach den Planungen des WSA unter einwöchiger Vollsperrung des Kfz-Verkehrs. Genau ist das noch nicht terminiert. Fußgänger können nur während des eigentlichen Verschubes der Brücke nicht passieren. Der Rückbau der Behelfsumfahrung erfolgt erst nach Verkehrsfreigabe.

Aktuell werden Gesamtkosten in Höhe von 16 Millionen Euro für das Vorhaben angegeben.

15.08.2024